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" Komm, sieh und bedenke!"

Rosenkranzbasilika in Lourdes
Datum:
Veröffentlicht: 4.6.18
Von:
H-S

von Pfarrer Michael Schüpferling

Mit dem Sommer beginnt wieder die beliebteste Reisezeit des Jahres. Wohin werden Sie verreisen, was wollen Sie alles besichtigen? Auch viele Kirchen erfreuen sich da vieler Besucher. Das Interesse ist jedoch sehr verschieden. So mancher wirft einen kurzen Blick in ein Gotteshaus und ist schon wieder verschwunden. Ein anderer betrachtet kunstinteressiert die Ausstattung und staunt über die Pracht vergangener Jahrhunderte. Wieder andere zünden eine Kerze an oder verweilen still auf einem Platz. Unsere Kirchen stehen allen Menschen offen, und bleiben dennoch zuallererst ein Ort der Besinnung und des Gebetes. Nicht wenige scheinen das vergessen zu haben, wenn sie meinen, sich in zu freizügiger Kleidung Zugang verschaffen zu müssen, oder dass der mitgeführte Hund genauso Zutritt hätte, da er ein Geschöpf Gottes sei. Es gibt Touristen, die werden mit Fotografieren nicht fertig oder ärgern sich, wenn sie wegen eines beginnenden Gottesdienstes zur Seite gebeten werden. Und mit Erstaunen habe ich schon erlebt, dass auch Handygespräche geführt werden. Mit welchem Respekt halten Sie sich in einer Kirche auf?

Lassen Sie uns gemeinsam eine kleine Kirchen-Tour unternehmen!

Doch zuerst schalten wir das Handy aus, denn die kommenden Minuten gehören uns und Gott. Nachdem wir den Innenraum erreicht haben, bleiben wir stehen und lassen den Raum auf uns wirken. Der erste Eindruck mag verschieden ausfallen. Doch bleiben wir fair: Die Geschmäcker sind verschieden. Bedenken wir vielmehr: eine Kirche ist oft ein „verschwenderischer“ Raum, viel Platz für mich, für die anderen und für Gott. Das soll uns daran erinnern, dass Gott großzügig ist in seiner Liebe und mir Freiheit gewährt.

Besonders barocke Kirchen sind für unser Empfinden sehr üppig ausgestattet. Doch die Menschen damals haben viel Wert darauf gelegt, ihre Kirche zum schönsten Haus des Ortes zu machen, zu einem Abbild des Himmels.

Richten wir unseren Blick auf den Taufstein. Die Taufe ist das erste Sakrament, das wir empfangen haben. Es verbindet uns unwiderruflich mit dem dreieinen Gott und der Gemeinschaft der Kirche. Der Taufstein stellt uns die Frage:

Was bedeutet dir dein Christsein, und wo ist dein Platz in der Gemeinschaft der Kirche? Nähern wir uns dem Altar. Er steht für den Tisch des Letzten Abendmahls, er ist Sinnbild für Christus. Erinnern wir uns der Worte Jesu: Das ist mein Leib, das ist mein Blut für euch! Überlegen wir: Was bedeutet mir die Feier des Abendmahles, der Empfang der Kommunion?

Nicht weit vom Altar befindet sich der Ambo oder die Kanzel: Ort der Verkündigung der Frohen Botschaft. Lechzt meine Seele nach dem Wort Gottes so wie der Hirsch schreit nach frischem Wasser? (vgl. Psalm 42) Welche Bibelworte sind mir besonders wichtig? Im Altarraum befindet sich fast immer ein Kreuz. Lassen wir die Gestalt des Gekreuzigten auf uns wirken.

Welche leidvollen Situationen in meinem Leben kommen mir in den Sinn? Welche leidgeplagten Menschen möchte ich dem Gekreuzigten besonders anempfehlen? Nicht selten bietet sich die Möglichkeit, eine Kerze anzuzünden, in der Nähe des Kreuzes oder vor einem Heiligenbildnis. Ich selbst habe die Angewohnheit, mich beim Übernehmen der Flamme zu fragen, wer wohl in welcher Absicht jene Kerze vor mir angezündet hat. Und alles, was mich persönlich bewegt lasse ich mit meiner brennenden Kerze geborgen im Haus Gottes zurück.

So viele Eindrücke und Fragen in einer einzigen Kirche. Vielleicht ist jetzt noch Zeit zum Verweilen, in einer Seitenkapelle, vor dem Tabernakel oder inmitten des Kirchenschiffes. Zeit zum Gebet, Zeit für einen Dank an Gott, Zeit, um seinen Segen zu bitten. Entschleunigt und innerlich berührt verlassen wir nun das Gotteshaus und spüren: dieses Gebäude hat, obwohl es weit weg von unserem Zuhause steht, trotzdem so viel mit dem eigenen Leben und Glauben zu tun. Und was spricht eigentlich dagegen, solch einen besinnlichen „Kirchgang“ immer wieder in der eigenen Heimatkirche zu machen?